6 Länder – 7 Tage – 2930 km

6 Länder – 7 Tage – 2930 km

Tag 1 – Herxheim am Berg – Burg/Spreewald (Deutschland)

Am 30. März 2023 geht es los. Kein Ausmisten von Sachen und Packen von Umzugskartons mehr, kein hektisches Organisieren letzter Sachen. Nun liegt es bei der Spedition, einen Teil unserer Sachen zum Einlagern und den Rest in unser neues Domizil in Finnland zu bringen.

Vor mir liegt eine mehrtägige Reise mit Pippa und Sonny im Camper einmal quer durchs Baltikum nach Finnland. Etwas müde lade ich die restlichen Sachen ins Auto und trotz guter Vorbereitung wird es nochmal stressig – den Gefrierschrank hatte ich beim Kühlschrank ausräumen vergessen…

Der Plan ist, dass ich bis spätestens 8 Uhr und vorm Eintreffen des Umzugunternehmens mit den Hunden bereits Richtung Autobahn unterwegs bin. Das geht schonmal schief… Es klingelt an der Haustür und Pippa und Sonny, die durch die Packerei schon ganz aufgeregt sind, freuen sich über den unerwarteten Besuch.

Nun aber schnell die Hunde ins Auto und es kann losgehen! Es regnet zum Abschied. Ganz glauben kann ich es noch nicht, dass ich nun unterwegs Richtung Finnland bin und sobald nicht wiederkomme. Bis kurz hinter Frankfurt haben wir noch jede Menge Verkehr, dann wird es ruhiger.

Bereits kurz nach 16 Uhr erreiche ich unser heutiges Ziel im Spreewald (www.caravan-kurcamping.de). Der Campingplatz liegt mitten im Wald verteilt auf mehrere Wiesen und direkt am Wasser mit eigenem kleinen Kanuanleger. Es stehen einzelne Wohnmobile verteilt auf dem Platz, viel ist Ende März noch nicht los. Die Sonne kommt raus und auf einer ersten Erkundungstour sehen wir einen Bieber schwimmen, bis er im Uferdickicht verschwindet.

Tag 2 – Burg/Spreewald – Ustronie Morskie (Polen)

Um kurz nach halb sechs starte ich in den Tag. Heute geht es weiter an die polnische Ostsee. Vorher drehe ich eine schöne Morgenrunde mit den Hunden, bei der wir ein paar Rehe sehen. Wir frühstücken bei Vogelgezwitscher draussen vorm Camper und ich geniesse meinen Kaffee, während Pippa Vögel beobachtet und Sonny schläft.

Leider stehen wir schnell im ersten Stau und es kommt bald zum total Stillstand. Ab Polen nimmt der Verkehr deutlich ab. Allerdings scheint die Autobahn hier neu ausgebaut zu sein und das Navi findet sich nicht mehr zurecht. Mit etwas Glück fahre ich trotzdem an der richtigen Ausfahrt ab und mir wird umgehend klar, warum man für polnische Strassen mehr Zeit einplanen sollte… So rumpeln wir über einen Asphaltflickenteppich (ohne zu wissen, dass dies noch eine der besseren Strassen auf unserer Reise durch Polen abseits der Schnellstrassen ist) und kommen bei einsetzendem Regen am Camping Pod Brzozami an.

Der Campingplatz ist nicht besonders idyllisch, aber wir bleiben ja nur für eine Nacht. An der Rezeption spricht man gebrochenes Deutsch. Ich kann mit Euro bezahlen, mein Wechselgeld bekomme ich jedoch in Zloty.

Nachdem Berti auf dem Platz für die kommende Nacht abgestellt ist, laufe ich mit Pippa und Sonny zur Ostsee. Der Ort wirkt trist und verlassen, Restrautants und Läden sind geschlossen, wirken teils etwas heruntergekommen und das graue, regnerische Wetter macht es nicht besser. Der schmale Ostseestrand ist über lange Treppen von der gepflasterten Strandpromenade erreichbar. Am Ortsende wird es leerer und der Strand etwas breiter. Sonny kann frei laufen und im Sand buddeln. Auf dem Rückweg zum Campingplatz zieht dichter Nebel vom Meer auf und es wird deutlich kälter, so dass wir uns bald im Camper einkuscheln.

Tag 3 – Ustronie Morskie (Polen) – Leba (Polen)

Die Nacht war durch Wind und Regen etwas unruhig, ausserdem ist es verdammt kalt geworden. Um vier Uhr morgens kann ich nicht mehr schlafen und freue mich über den beheizten Waschraum des Campingplatzes. Am Meer ist es ungemütlich, kalt und ein fieser Wind weht. So sind wir bereits um kurz nach halb acht fertig zur Weiterfahrt.

Heute fahren wir nur eine kurze Strecke, weiter entlang der polnischen Ostsee mit Ziel Leba. Unterwegs lerne ich, dass Schlaglöcher zu polnischen Strassen dazugehören, für andere Autofahrer kein Grund sind, langsamer zu fahren und Geschwindigkeitsbegrenzungen ohnehin eher eine Empfehlung zu sein scheinen, die keiner Ernst nimmt.

In Leba steuere ich meinen aufgrund der Beschreibung favorisierten Campingplatz an, der laut Campingführer ab heute geöffnet ist (Marina Camp). Es regnet mal wieder und ich stehe vor verschlossenen Türen, alles ist verlassen und kein Mensch zu sehen. Sehr schade, da die Lage sehr nett aussieht – auf der einen Seite ein Fluss mit Hafen, auf der anderen Seite Wald mit der Ostsee dahinter.

Also auf zur nächsten Adresse. Auch geschlossen. Nach und nach fahre ich alle Campingplätze in Leba ab oder rufe an. Überall das Gleiche – ausser Anrufbeantwortern erreiche ich niemanden, alle Plätze sind noch geschlossen. Auf dem Weg hatte ich im Vorbeifahren noch einen Campingplatz gesehen, also auf zu einem letzten Versuch, bevor ich weiterfahre. Und ich habe Glück! Ein sehr nettes polnisches Ehepaar, das etwas Deutsch spricht, heisst mich willkommen. Der Platz sieht nett aus (Camping Rafael) und ich bekomme eine Parzelle gegenüber von einem der kleinen Ferienhäuser, in dem die wenigen anwesenden Camper Bad und Küche nutzen dürfen.

Erstmal zur Mittagsrunde an die Ostsee. Wir haben ein gutes Stück zu laufen, bis wir am Strand sind. , aber mir gefällt es ganz gut hier. Auch ein Leba ist ebenso wie in Ustronie Morskie alles zu und wir laufen an verlassenen Restaurants, geschlossenen Läden und verwaisten Campingplätzen vorbei. Bis zu den berühmten Wanderdünen von Leba ist es zu Fuss leider recht weit, und da das Wetter regnerisch, windig und kalt ist, lasse ich das Ziel bei dieser Reise ausfallen und hoffe darauf, irgendwann nochmal wiederzukommen.

Stattdessen gibt es bei knapp drei Grad Aussentemperatur heisse Kürbissuppe im Camper und ich schmeisse immer wieder die Standheizung an. Diese Nacht bekommen die Hunde ihre Wintermäntel an und ich lege mich mit zwei Fleecejacken, Schal und Jogginghose schon früh in den Schlafsack. Trotz wilder Party einiger junger Leute im Ferienhäuschen schräg hinter meinem Camper schlafe ich erstaunlich gut.

Tag 4 – Leba (Polen) – Mragowo (Polen)

Am nächsten Morgen ist es immer noch stürmisch und kalt, aber immerhin kommt die Sonne immer mal wieder raus, als wir uns auf die Weiterfahrt Richtung Masurische Seenplatte machen. Wir kommen durch kleine Dörfer, Wiesen, Felder und Wälder. Kein anderes Auto ist unterwegs und ich geniesse die entspannte Fahrt. Nach einer Weile verlasse ich die Idylle und es geht auf der Schnellstrasse Richtung Danzig weiter. Hier komme ich deutlich schneller voran, bevor es hinter Danzig wieder auf teils abenteuerlichen Landstrassen weitergeht.

Am Nachmittag erreiche ich den Campingplatz an der Masurischen Seenplatte, der wunderschön oberhalb eines Sees liegt und ganzjährig geöffnet sein soll. Meine Definition von „ganzjährig“ scheint jedoch eine andere zu sein als die des Campingführers – der Platz ist noch geschlossen…. Nach der gestrigen Erfahrung und da die Plätze hier etwas weiter auseinander liegen, versuche ich zunächst telefonisch mein Glück. Wieder nur Anrufbeantworter, automatische Ansagen auf Polnisch oder ich bekomme gesagt, der Platz sei noch bis Mai geschlossen. Für einen Platz in 17 km Entfernung finde ich keine Telefonnummer und beschliesse, dort noch hinzufahren. Aber auch hier stehe ich vor verschlossenen Toren. Während ich schaue, wo ich nun hinfahren kann, kommt ein Mann aus dem Haus. Er spricht hervorragend Deutsch und bestätigt, dass noch geschlossen sei. Ich könne aber gerne bleiben und Strom und ein Bad hätte er auch für mich. Ich müsse lediglich oben im Hof stehen, die Wiese unten am See sei nicht offen. Kein Problem!

Der Platz erweist sich als absoluter Volltreffer. Ich darf in den Hof fahren und hinter mir wird das Tor wieder geschlossen, damit ich die Hunde laufen lassen kann. Mein heutiges Domizil (Camping Lorsby) erweist sich als absoluter Glücksgriff: In dem schönen Hof stehe ich absolut ruhig mit Stromanschluss und kann das Bad im Gästehaus nutzen. Vom Hof kann ich runter zum See laufen, wo ich 2 Hektar Campingplatzwiese alleine für mich und die Hunde habe. Lediglich mit zwei balzenden Kranichen teilen wir uns den Platz. Es ist unglaublich schön hier und Pippa und Sonny freuen sich, endlich mal wieder richtig rennen zu können.

Die Nacht ist kalt – verdammt kalt. Das Wasser im Hundenapf, das draussen stand, ist am nächsten Morgen eingefroren.

Tag 5 – Mragowo (Polen) – Sysa (Litauen)

Heute morgen lernen Pippa und Sonny den Hofhund kennen. Der findet Pippa toll, das interessiert Pippa aber nicht. Sonny findet den Hofhund blöd, was wiederum den Hofhund nicht interessiert… Ich halte einen Schwatz mit dem Eigentümer. Er ist ehemaliger Deutschlehrer, daher spricht er so gut Deutsch! Seine Tochter studiert Germanistik und möchte den Campingplatz nicht weiterführen. Eine Schnellstrasse wird quer durch das Gelände gebaut, dadurch sei es nicht mehr wie vorher. Trotzdem findet er die Schnellstrasse wichtig.

Mein heutiges Ziel ist Litauen. Zwischen Seen, immer wieder Seen, Wäldern und Feldern fahre ich zunächst über Landstrassen und sehe zahlreiche Storchennester. An einer Baustelle mit nur einer Fahrspur für beide Richtungen muss ich an einer roten Ampel warten. Mich überholt ein Transporter und fährt weiter. Scheinbar gilt die Ampel nicht für alle. Die Erfahrung muss ich dann nochmal machen, als die Ampel auf grün springt, ich losfahre und mir ein Traktor mit Anhänger entgegenkommt. Hinter mir ist eine Autoschlange, so dass rückwärts fahren keine Option ist. Nur mit Mühe und in Zentimeterarbeit quetschen sich Traktor und Camper aneinander vorbei…

Kurz vor der litauischen Grenze spielt mal wieder das Navigationsgerät verrückt. Es kennt die neue Schnellstrasse nicht und schickt mich auf abenteuerliche Strassen, die leider alle irgendwann im Nichts oder auf einem Feldweg enden. Es kostet mich etwas Zeit, bis ich es auf die richtige Strasse und über die Grenze nach Litauen schaffe. Nach einer extrem langen, extrem staubigen Baustelle mit zahlreichen LKWs in beide Richtungen wird es landschaftlich wieder sehr schön. Ich fahre durch viele Wälder, zwischendurch ein paar hübsche kleine Ortschaften. Im Vergleich zu Polen sind die meisten Strassen in einem sehr guten Zustand.

Nach den Erfahrungen der letzten beiden Tage fange ich heute früher an, beim ersten Campingplatz anzurufen. Freizeichen, keiner hebt ab. Kurz darauf erhalte ich eine SMS auf Litauisch. Ein Hoch auf Google Translator. Auf dem Campingplatz können sie mir einen Platz mit Strom anbieten, die Sanitäranlagen sind wegen der kalten Temperaturen noch geschlossen. Egal – für den Notfall habe ich meinen Camping-Toiletteneimer dabei, Wasser zum Zähne putzen und Kochen habe ich ebenfalls und bevor ich wieder ewig suche und dann doch nichts finde, sage ich den Platz zu. Die Anfahrt ist spannend, ich lande erst auf falschen Flussseite, sehe zwar, wo ich hin muss, aber nicht, wie ich hin komme… Vor Ort werde ich herzlich als der erste Gast in diesem Jahr begrüsst 🙂 Der Platz ist wunderschön, direkt am Flussufer und ich darf mir aussuchen, wo ich mich hinstellen möchte.

Tag 6 – Sysa (Litauen) – Lettland – Parnu (Estland)

An die kalten Nächte gewöhne ich mich langsam. Trotzdem lasse ich die kurische Nehrung, die ich unbedingt besuchen wollte, aus und mache mich direkt auf den Weg Richtung Lettland. Erstens fürchte ich, dass der einzige Campingplatz dort ohnehin geschlossen ist und zweitens bin ich bei den aktuellen Temperaturen langsam froh, wenn ich in Finnland und in einem beheizten Haus ankomme. Auf der Fahrt fängt es an zu schneien.

Ich rufe frühzeitig den ersten Campingplatz an. Die Dame am Telefon spricht kein Englisch und sagt etwas von „English – no, Camping – yes“ und ich solle eine e-mail schreiben. Ich denke, wenn jemand ans Telefon geht und „Camping – yes“ sagt, wird das schon klappen. Den Wegweiser zum Campingplatz finde ich problemlos, danach geht es abenteuerlich durch den Wald. Erstaunlicherweise führt der unbefestigte, unebene und teils etwas zugewachesene Weg tatsächlich zum Campingplatz. Dieser ist an drei Seiten von Wald umgeben, an der vierten Seite liegt die Ostsee mit einem sehr schönen Strand (Camping Verbelnieki). Einziges Problem – alles ist zu und weit und breit kein Mensch zu sehen… Kurz überlege ich, hier einfach über Nacht stehen zu bleiben. Aber was mache ich, wenn die hier einen Sicherheitsdienst haben, der heute Nacht patroulliert und mich verscheucht? Also doch lieber weiter fahren. Einen Campingplatz gibt es entlang meiner weiteren Strecke sobald nicht, allerdings ein paar – mehr oder weniger offizielle – Stellplätze. Das muss für die nächste Nacht reichen.

So verlasse ich Lettland bald wieder und erreiche am Abend Estland. Der erste Stellplatz, den ich anfahre, erweist sich als Flop. Die Lage ist zwar nett, direkt an der Ostsee, aber mehrere Schilder weisen daraufhin, dass das Übernachten verboten ist, ausserdem dürfen Hunde hier nicht an den Strand. Vor Einbruch der Dunkelheit möchte ich doch gerne einen Übernachtungsplatz finden… Der nächste Stellplatz ist nicht allzu weit entfernt, also nächster Versuch.

Keine Verbotsschilder und eine unglaubliche Lage – ich fahre erst durch einen kleinen Wald und dann noch ein Stück, bis ich an einem kleinen Parkplatz direkt an der Ostsee lande. Sehr einsam, sehr schön und auch wenn ich nicht wild campen wollte – was soll mir hier schon passieren und bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt wird sich hier um diese Uhrzeit wohl auch niemand mehr hin verirren.

Bei Einbruch der Dunkelheit kommen zwei Spaziergänger. Die ignorieren uns und machen sich bald auf den Rückweg. Kurz darauf fängt Sonny an zu knurren. Dann sehe ich zwei Scheinwerfer auftauchen. Ein Auto kommt und hält auf dem Parkplatz. Ein Mann steigt auf der Beifahrerseite aus, geht pinkeln und steigt wieder ein. Das Auto bleibt. Ich traue mich nicht, mich zum Schlafen hinzulegen und bin bereit, jederzeit auf den Fahrersitz zu springen und wegzufahren. Dann wieder Scheinwerfer. Ein weiteres Auto kommt, sieht die parkenden Autos, dreht und fährt weg. Noch ein Auto. Das bleibt. Irgendwann fahren beide Autos wieder weg. Das gleiche Spiel wiederholt sich ein paar Mal. Ab 1 Uhr ist es ruhig und ich bin alleine.

Tag 7 – Parnu (Estland) – Hamina (Finnland)

Ich döse etwas aber wirklich schlafen kann ich nicht. Ausserdem ist es fürchterlich kalt und da ich keinen Stromanschluss habe, traue ich mich nicht, die Standheizung zu oft anzuwerfen. Da ich bereits in Estland bin, werde ich die Fähre nach Helsinki einen Tag vorher als geplant erreichen und nutze die Zeit zum Umbuchen. Die Fähre um 10:30 Uhr sollte ich erreichen und beschliesse, bald loszufahren, während es wieder schneit.

In Tallinn angekommen, fahre ich nach einer kurzen Runde mit den Hunden um einen Park (im Park selbst sind Hunde leider nicht erlaubt) zeitig zum Check In der Fähre. Auch wenn die Überfahrt nur zwei Stunden dauert, habe ich eine Kabine gebucht, damit ich Pippa und Sonny stressfrei mit an Bord nehmen kann. Wir fahren mit Tallink Silja, was reibungslos klappt.

Und dann kommen wir in Helsinki / Finnland an 🙂 Mein neues Heimatland habe ich erreicht und bis Hamina ist es jetzt nicht mehr weit.

Nach sieben Tagen und 2930 km sind wir da.

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